Bist du ein „People Pleaser“? Jemand, der dazu neigt, Ja zu sagen, obwohl er eigentlich Nein sagen möchte? Eine unglaublich nette Person, die immer wieder die eigenen Grenzen zum Wohle anderer ignoriert? – Dann ist dieser Beitrag für dich.

Du kannst diese Folge übrigens auch im Lichtfinder Lebensfreude Podcast hören, Folge 117 (mehr dazu…)

Wusstest du schon?  lichtfinder.com für Lebensfreude und Kraft in schwierigen Zeiten und brückenfinder.de für Beziehungsbrücken gehören zusammen. 

Alle sollen mich mögen

Als Kind konnten wir nicht anders. Wir merkten, dass brav sein eine Menge Vorteile bringt. Ein braves Kind wird gelobt, ein Kind das „Ja“ und „Danke“ sagt, ist der Liebling und das Vorzeigekind. Ein pflegeleichtes Kind ist was Feines. Schließlich haben die Erwachsenen sowieso zu viel um die Ohren.

Das im positiven Sinn. Doch auch um Strafe zu vermeiden, haben die meisten von uns gelernt, sich lieber anzupassen, keine Widerworte zu geben, nachzugeben, die eigenen Wünsche hintanzustellen, gar nicht erst auszusprechen, irgendwann gar nicht mehr zu spüren, was man wirklich will und braucht.

So kommt es, dass wir als Erwachsene gar nicht gelernt haben oder sehr früh wieder verlernt haben, unsere Bedürfnisse zu erforschen, sie uns zuzugestehen. Nach den Motto: Interessiert ja eh keinen wirklich, besser, wir kucken erstmal, was andere wollen und brauchen und richten uns danach.

Dieses Verhaltensschema betrifft ganz oft uns Frauen. Wir werden ja auch schon als Mädchen gelobt, wenn wir uns sozial verhalten, wenn wir uns um das kleine Geschwisterchen kümmern und uns selbst hintenanstellen. Und weil das durchaus Anerkennung mit sich bringt, wenigstens gelegentlich, ergreifen viele von uns dann auch noch einen sozialen Beruf. Und als wenn das nicht reichen würden, neben dem sozialen Beruf als Lehrerin oder Krankenschwester oder Erzieherin, und natürlich auch Kinder groß zu ziehen, gehen nicht wenige noch zusätzlich in ein Ehrenamt.

Und wenn es irgendwo heißt: „Wir bräuchten übrigens noch Nachspeisen und Kuchen für die Verabschiedung von unserem Vorsitzenden…“,ja,  dann schreien sie als erste „Hier!“. Denn Verantwortung übernehmen, das ist ihr Leben. Die eigenen Grenzen beachten?- Welche Grenzen denn? Die existieren gar nicht. Es wird geholfen und Erwartungen schon im vorauseilenden Gehorsam erfüllt, bis einen die Arthrose in die Knie zwingt, die Schilddrüse verrückt spielt – und damit die Energie – oder bis einen eine schwere Diagnose zum Innehalten zwingt.

Ja, ja, ich weiß haargenau, wovon ich sprechen, alles genau so mitgemacht. Auch wenn ich vielleicht nicht so sehr das ausgeprägte Helfersyndrom hatte, denn mit dem Ehrenamt und Kuchen backen hab ich mich nie in den Vordergrund gedrängt. Das Ehrenamt mache ich tatsächlich erst seit wenigen Jahren. Und ich mache es, weil ich der Gesellschaft etwas zurückgeben möchte, also aus Gründen, wo ich schon zuvor gesegnet war, mit dem, was ich bekommen habe.

Jedenfalls muss es ja gute Gründe geben, warum sich soziale Menschen – und da gibt es bestimmt auch genügend Männer, warum wir uns so verausgaben und erschöpfen.

 

Warum wir tun, was wir tun

Eigentlich gibt es immer nur zwei Gründe, warum wir tun, was wir tun: Schmerz vermeiden und Freude suchen. Also „weg von“ und „hin zu“.

Als Kinder, ganz klar, wollten wir Schmerz vermeiden und haben deshalb gelernt, brav zu sein und möglichst die Erwartungen zu erfüllen. Weil sonst hätte es Strafen gegeben: von Fernsehverbot über Hausarrest bis zu der bayerischen „Watschn“ oder den „Hintern voll“. Ja, das gab’s damals noch, in den 70ern.

Und wir wollten natürlich belohnt werden, mit Aufmerksamkeit, mit Lob, mit Schokolade und Süßigkeiten oder der Runde Ponyreiten.

Deshalb ist es so sehr in uns drin, denn wir haben diese Ausrichtung in einer sehr sensiblen Phase gelernt. Wir wollen gefallen. Wir wollen gut sein und freundlich und nett. Wir wollen Harmonie.

Alles ganz wunderbare Motive und völlig zurecht.

Bis zu einem gewissen Grad ist das alles absolut richtig und gut und macht, dass unsere Gesellschaft funktioniert. Dass wir unsere Kinder nicht einfach am Parkplatz aussetzen, auch wenn sie uns lange Zeit nie wirklich irgendetwas zurückgeben. Solange sie klein sind, vielleicht noch Bussi und Umarmung, später als Teenies nicht einmal mehr Respekt. Doch wir lieben sie weiter und geben – bedingungslos. Und das ist auch in Ordnung. Bis zu einem gewissen Grad.

 

Gibt es bei dir Grenzen?

Denn dieses Geben und Freundlich sein und Ja sagen ist nur gut bis zu einer gewissen Grenze. Und um diese Grenze soll es jetzt gehen, denn diese Grenze existiert – wie gesagt – für die Menschenfreunde nicht.

Wir netten Helfer und Menschengefaller haben eigentlich keine Grenze. Und, wenn überhaupt, dann nur leicht angedeutet und ganz verschwommen.

Wir nehmen sie nämlich nicht wahr, sehen sie nicht, spüren sie nicht und können sie deshalb auch nicht mitteilen. Dass sie jetzt erreicht wäre. Dass es uns üb er die Schnur geht. Dass es uns zu viel ist. Dass wir eigentlich nicht mehr wollen und nicht mehr können. All das.

Gefühle, haben wir uns angelernt wegzuschieben. Dürfen nicht sein, stören ja bloß, hindern uns am Funktionieren. Und Funktionieren ist unendlich wichtig. Denn nur wer funktioniert, wird anerkannt und gemocht.

 

Die große Angst

Jetzt kommt die große Angst, die hinter dem vorschnellen Ja-Sagen steht: die Angst, abgelehnt zu werde. Die Angst, nicht mehr geliebt zu werden. Die Angst, nicht wichtig zu sein.

Also beide großen Motive werden voll und ganz bedient: weg von Schmerz und Angst, hin zu Freude und Anerkennung.

 

Warum wir für uns einstehen sollten

Komisch eigentlich, dass es trotzdem ungesund ist, so weiter zu leben und immer wieder die eigenen Grenzen zu leugnen oder zu ignorieren.

Und doch ist es genau so. Bis irgendwann der Körper schreit: „Hallo, du bist zu weit gegangen! Du hast deine Kräfte erschöpft. Du bist auch nur ein Mensch mit Bedürfnissen und brauchst etwas, um sie zu füllen. Deine Lebensenergie ist in Gefahr!“

Auch wenn die spirituelle Welt uns lehrt, dass alles mit allem verbunden ist, dass wir mit einer Lebensenergie verbunden sind und das immer wieder unendlich tröstlich wirkt, so ist diese absolute Verbindung doch auf einer höheren Ebene angesiedelt. Und auf dieser irdischen Menschenebene im Materiellen, im physischen Körper sind wir ganz bewusst Individuen. Und wir können uns tatsächlich im Menschsein nur dann wirklich erfahren, in unserem Ego, wenn wir uns erlauben, dass wir ein individueller, eigener Mensch sind, mit ganz eigenen Gefühlen und Wünschen.

Wir hätten also unsere eigentliche Aufgabe als Mensch verpasst, wenn wir nicht anerkennen würden, dass es da ein ICH gibt. Und die Aufgabe des Ichs ist es, für die eigene Lebensenergie zu sorgen. Und dazu gehört essentiell, sich zu spüren. Sich wahrzunehmen, sich zu erleben. Was fühle ich? Wie geht es mir?

Was gibt es, was meine Lebensenergie braucht, damit sie fließen kann? Welches Bedürfnis ist gerade zu kurz gekommen. Also : welcher Bedürfnistopf braucht eine gute Befüllung? Wie können wir für dieses Bedürfnis sorgen? Jedes gut gefüllte Bedürfnis bedeutet Lebensenergie.

Jedes Nein setzt eine Grenze und schafft dadurch Raum für ein Ja zu etwas Wichtigem.

 

Das richtige Maß finden

Lasst uns nicht pauschal Nein zu allem sagen, doch lasst uns eine Denkpause einlegen und unser Ja sorgsam abwägen.

Ist es wirklich in Ordnung? Ist das jetzt gut für mich und den anderen? Ist es ein echtes Ja, weil es damit auch mein Bedürfnis erfüllt und ich ohnehin gut in der Balance bin?

Oder sage ich nur Ja, weil ich mir eigentlich was davon verspreche? Weil ich geliebt werden möchte, weil ich Lob und Anerkennung möchte, weil ich insgeheim irgendwas zurückbekommen will?

Wenn es in diese Richtung geht und gleichzeitig ein Gefühl der Angst in uns hoch kommt beim Gedanken daran, jetzt Nein zu sagen – dann sollten wir es tatsächlich tun. Nein sagen. Und aushalten, dass vielleicht eine kühle Reaktion kommt, oder eine verständnislose, vorwurfsvolle, anklagende oder eine hitzige Reaktion.

Das bedeutet eigentlich nur, dass wir es uns bisher nie erlaubt haben und nicht mehr berechenbar sind, was natürlich erstmal Angst auslöst.

Doch andere dürfen auch lernen, dass unsere Ablehnung nicht Liebesentzug bedeutet. Wir können durchaus ablehnen einen Gefallen zu tun, und den anderen immer noch lieben und schätzen.

Denn wir sind heute erwachsen. Und wir sind auch nicht mehr ausgeliefert und schutzlos, wie wir es als Kind waren. Wir können als Erwachsene gut für uns sorgen und dürfen anfangen, genau das zu tun.

Denn ohne Lebensenergie ist alles nichts.

Es ist unsere erste und vorderste Aufgabe zu lernen, für uns selbst so gut zu sorgen wie für den wertvollsten Schatz, das süßeste Kind. Dann wird das Leben auch immer schöner, immer wertvoller. Wir bekommen allmählich Konturen, spürbare Grenzen, allmählich sichtbarer auch für die anderen.

Sogar Ecken und Kanten dürfen wir haben, das nennt sich Charakter und wer uns liebt, liebt uns gerad für unsere definierten Konturen – weil wir nämlich genauso sind, wie wir sind – einzigartig und im Herzen gut, auch für uns selbst.

 

Fürs nächste Mal

Drum: bevor dir das nächste Mal ein vorschnelles: „Ja klar, mach ich, selbstverständlich“ herausrutscht, gönne dir doch ein paar Sekunden Pause.

 5-4-3-2-1 Stopp.

Und dann sag entweder „Nein“, solltest du sofort spüren, dass es die bessere Antwort für deine Lebensenergie ist –

oder du sagst: „Gib mir bitte etwas Bedenkzeit.“ Und dann denk in Ruhe nach und verschenke deine Jas nur nach guter Überlegung.

Zuallerst darfst du Ja zu dir selbst sagen, zu deiner Lebensfreude und Lebenskraft. Übrigens, ihr unverbesserlichen liebenden Herzen, dann könnt ihr letztendlich besser auch für die anderen wieder da sein.

Manche brauchen genau diese Rechtfertigung als Erlaubnis, um bei sich anzufangen. Um den gesunden Egoismus möglich zu machen.

PS: Hast du Hautprobleme? Probleme mit den Händen?

Der Körper spricht: „Achte auf deine Grenzen, spüre sie, halte sie ein, sorge für dich – und steck deine Finger nicht in alle Angelegenheiten anderer hinein.“😉

 – Hier folgt eine 5 Minuten-Magic Meditation, die dieses Thema in dir aktiviert und ins Unterbewusste befördert. So dass es leichter wird, Nein zu sagen – mit einem guten Gewissen. Für mehr Raum für die eigenen Bedürfnisse und damit mehr Lebensenergie! Hör sie dir an in der Podcastfolge 117 des Lichtfinder Lebensfreude Podcasts. Ab ca. Minute 18. –

Ich wünsche viel Erfolg beim Ausprobieren, Umsetzen und ERLEBEN einer neuen Stärke und Freiheit. 

Deine Kerstin ….von Brückenfinder

 

>> Kennst du schon den Lichtfinder Lebensfreude Podcast? Hier findest du einige Folgen zum Thema Ärger, nervender Partner und verletzte Herzen. Es gibt ihn auch auf YouTube.

>> Beziehungsprobleme? Konfliktberatung, Konfliktklärung erwünscht? Hier geht es zum kostenfreien Erstgespräch mit Kerstin Bulligan.

Kerstin Bulligan

Kerstin Bulligan

Autorin & Menschlichkeitsexpertin

Kerstin Bulligan ist Coach für friedliche, erfüllte Beziehungen und Lebensfreude. Ihr Lichtfinder Lebensfreude Podcast gehört zu den geschätzten und beliebten Podcasts im Bereich Beziehungen und Persönlichkeitsentwicklung. Der Umgang mit Schwierigkeiten im menschlichen Miteinander und Wege zu Verbindung mit sich selbst und anderen sind Kernthemen.